Seit ich denken kann, interessiere ich mich für Menschen und ihre Gefühle und auch für die Schwierigkeiten in diesem Feld. Nennen wir es Psychologie? Schon früh war ich die Kummertante bei Freuden, die Konfliktlotsin und wurde auch von Lehrern bei Schwierigkeiten ins Vertrauen gezogen. Ganz normal für mich.
Kein Wunder, dass ich mir auch ein berufliches Feld gesucht habe, in dem ich dieses Interesse und vielleicht auch Talent einbringen kann. Ein Beraterfreund sagte schon vor vielen, vielen Jahren zu mir, dass ich mit der Entscheidung für dieses Feld auch eine andere Entscheidung treffen würde, nämlich eher Medizinfrau oder Schamanin zu sein, als Häuptling.
Gerade erst habe ich auf einer Führungskräfteveranstaltung einen kleinen Denkimpuls mitgebracht, der sich um die eher unsichtbaren Risiken der Pandemie drehte, mit der schlichten Botschaft: Seid achtsam in eurem Umfeld, unter der „es mir geht es gut – Oberfläche“ könnte auch etwas anderes verborgen sein. Beobachtbare Symptome könnten sein... Wenn auch im virtuellen Raum, so konnte ich die Irritation, die Fragezeichen und auch die Ablehnung direkt ablesen. Was will sie denn nun schon wieder? Psychokram!
Interessanterweise hatte ich am gleichen Nachmittag ein Gespräch mit einer Person, die ich länger nicht gesprochen hatte. „Es geht mir gut. Ich komme gut zurecht. Alles fein!...“ Ein paar Plauderminuten später liefen die Tränen. Die Person beschrieb genau die von mir am Morgen vorgestellten Phänomene. Erschreckend peinlich berührt. Ich hoffe, ich konnte etwas helfen... jaja, Psychokram!
Vor vielen Jahren hatte ich davon gelesen, dass Führungskräfte in Deutschland sich zu einem erschreckend hohen Prozentsatz lieber eines Sachproblems annehmen, als einem menschlichen. Ja das entsprach genau meinen Beobachtungen und leider ist es immer noch so. Viele Jahre und viele Leadershipseminare später...
Wie wäre es, wenn wir alle mit mehr Offenheit und Neugier auch an Themen gingen, die nicht mir Hammer oder Schraubenzieher zu lösen sind? Ihr braucht dafür keine Psychologen zu sein, nicht mal Küchenpsychologen. Ihr müsst auch gar nicht alles selber können – es gibt sie ja, die Medizinmenschen und Schamanen ganz in eurer Nähe – aber ihr braucht die Bereitschaft, die unsichtbaren Themen, die tatsächlich da sind, sehen zu wollen. Anerkennen, dass es sein könnte und dann auch okay wäre.
Kein Wunder, dass „ja, es geht mir gut.. ich habe doch nichts zu klagen...“ die Antwort ist. Psychische Schmerzen sind immer noch so viel unanständiger als ordentliche Rückenschmerzen oder Beinbrüche.
So lange kleine Denkimpulse immer noch so viele kontroverse Reaktionen hervorrufen, haben die Schamanen noch viel zu tun.
Psychokram!